DE
       
 
0
unofficial world wide web avantgarde
Diesen Artikel mal ganz analog lesen drucken
Artikel:   versendendruckenkommentieren (22)
Von Bachramow

Am Samstag geht es für die deutsche Mannschaft, die letzten Vertreter einer imperialistischen Nation, um den Einzug in das Halbfinale der Fussballweltmeisterschaft: man würde dort vermutlich auf den amtierenden Europameister Spanien treffen. Doch vor diesem Spiel liegt glücklicherweise noch eine kleine Hürde: Gegner der "Jogi-Buben", die unsere Nation in regelmäßigen Abständen in eine nationalen Ausnahmezustand versetzen, ist Argentinien, trainiert von dem wahrscheinlich besten Fußballer aller bisherigen Zeiten, Diego Maradona.

Großbildansicht maradona3.jpg (159 KB)
Großbildansicht maradona3.jpg (159 KB)
Wie hoch diese Hürde unserer denkbefreiten Boulevardpresse erscheint, erkennt man an der reflexhaften Dreckschleuderei, die routiniert gestartet wurde. Diego Armando Maradona ist "verrückt", Kokser, Seine Methode der Teamfindung (einige hundert Testkandidaten) wird ebenso in den Dreck gezogen, wie sein engagiertes Verhalten an der Seitenlinie.

Dabei ist Maradona alles andere als ein Durchgeknallter Ex-Junkie. Seine fußballerische Vita als Kicker sucht vergleichbares, sein Team spielt bei dieser WM den besten Fußball, paart gute Spielzüge mit sicherer Abwehrleistung (was die Deutschen so noch nicht gezeigt hatten), obwohl der beste Einzelspieler (Lionel Messi) noch seine Form sucht.

Für secarts.org aber vor allem interessant ist Maradonas politische Auffassung. Er ist Duzfreund von Fidel Castro und Hugo Chavez, hat sich mehrfach auf Cuba helfen lassen bei der Genesung von bedenklichen Krankheiten (Fettleibigkeit und akute Herzprobleme). Wäre er nicht Fußballer geworden, dann möglicherweise Berufsrevolutionär. Auf jeden Fall aber hat er vielfach gegen Ausbeutung und Unterdrückung Stellung bezogen. Dies hat im argentinischen Fußball auch Vorbilder:
Großbildansicht maradona2.jpg (37 KB)
Großbildansicht maradona2.jpg (37 KB)
Bereits der Trainer der Weltmeistermannschaft 1978 Menotti, der eine Definition von rechtem und linken Fußball formulierte (nachdem der deutsche auf jeden Fall traditionell den rechten Fußball verkörpert). Menotti verweigerte im damals faschistischen Argentinien bei der Siegerehrung für den Weltmeistertitel im Stadion vor aller Welt den Glückwunsch per Handschlag durch den argentinischen Diktator Fidela. Später entdeckte er das Riesentalent Maradonas.

Wir finden zum Beispiel hier folgende nette Meldung vom Genossen Fidel Castro:

Großbildansicht maradona1.jpg (30.5 KB)
Großbildansicht maradona1.jpg (30.5 KB)
Fidel Castro vergleicht Messi mit Maradona

Der kubanische Revolutionsführer Fidel Castro vergleicht den argentinischen Stürmerstar Lionel Messi mit einem "Blitz". Der Dribbelkünstler vom FC Barcelona rage ebenso spektakulär aus der Masse der Fußballspieler heraus wie einst Diego Maradona, der Argentinien bei der WM in Südafrika als Trainer zum Titel führen will. Deshalb werde Messi die am meisten beachtete Figur der Endrunde sein, schrieb Castro (84) in einem von den kubanischen Medien veröffentlichten Artikel. Castro, in seiner Jugend ein Basketballspieler, und Maradona verbindet eine lange Freundschaft.


Cuba steht somit heute hinter Argentinien. Die Revolutionäre in Deutschland auch?


 
Creative Commons CC BY-NC-ND 4.0
Inhalt (Text, keine Bilder und Medien) als Creative Commons lizensiert (Namensnennung [Link] - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen), Verbreitung erwünscht. Weitere Infos.
 


• gehe zu Seite: 123
Kommentare anzeigen: absteigend   aufsteigend
  Kommentar zum Artikel von retmarut:
Montag, 05.07.2010 - 20:46

... Hab mir gerade mal ein paar "fussballpatriotische" deutsche youtube-Beiträge zum 4:0-Spiel vom Samstag angeschaut. z.B. http://www.youtube.com/watch?v=lJDBWW6lryQ

Der wirklich widerwärtigste Zug am deutschen Nationalismus stellt das Hineinsteigern ins Herrenmenschentum bei deutschen Siegen dar (verbunden mit dem jeweils zelebrierten Herumtrampeln auf den unterlegenen Gegner_innen). Wahrscheinlich kann sich ein zuspätgekommener Nationalismus nicht anders präsentieren.

Apropo Albiceleste:
Die argentinische Mannschaft ist übrigens frenetisch von den Fans in Buenos Aires empfangen worden. Der Bus kam kaum durch die Menschenmassen und brauchte glatt eine Stunde länger als vorgesehen für den Weg vom Flughafen in die City. Siehe:
#999999;'>...jetzt anmelden!
'>
http://www.youtube.com/watch?v=Sa0Dab-fy54




  Kommentar zum Artikel von retmarut:
Montag, 05.07.2010 - 16:34

Einen sehr guten Offenen Brief von Carlos Malbrán gab es am Samstag in der jungen Welt, hier in voller Länge zu finden: http://www.redglobe.de/amerika/argentinien/3853-offener-brief-an-herrn-diego-armando-maradona-fuer-den-fall-dass-wir-diese-weltmeisterschaft-nicht-gewinnen

Ich schließe mich dem vollauf an.

Was die Position anbelangt, den politischen Charakter des bürgerlichen Nationalismus und seine Ausformungen bei der diesjährigen Fussball-WM zu bagatellisieren, kann ich nur sagen, dass keine organisierte Kampagne ("Du bist Deutschland" etc.) derart erfolgreich in der Umsetzung des (Klassengegensätze vernebelnden) Nationalismus war wie die Fussball WM der Herren. Schon vor 4 Jahren im eigenen Land ist diese Rechnung sehr gut aufgegangen, 2010 erneut.

Mensch halte sich mal bitte vor Augen: Da werden der arbeitenden Bevölkerung die Bezahlung der "Bankenrettungsschirme" aufgehalst und massive Einschnitte in die sozialen Systeme geschlagen - aber es kamen am 13.06.2010 zu den beiden zentralen Protestdemos in Stuttgart und Berlin in toto gerade mal 40.000 Menschen zusammen. Beim deutschnationalen WM-Public-Viewing kommen hingegen allein in Berlin am Tiergarten über 400.000 Menschen zusammen, um sich unter den Fahnen des bürgerlichen deutschen Nationalismus als "Wir sind wieder wer!" zu fühlen. - Deutlicher kann doch eigentlich nicht gezeigt werden, dass bürgerlicher Nationalismus in einem bürgerlichen Staat hohen "Volksgemeinschafts"-Bindekitt besitzt und sehr gut geeignet ist, die "Wir sitzen alle in einem Boot!"-Rhetorik zu bedienen.

Und wenn das zudem in einem äußerst aggressiven Imperialismus wie Deutschland passiert, das derzeit knapp 6.700 Soldat_innen im Ausland in Kriegs- und Militäreinsätzen einsetzt und in momentan Afghanistan einen Krieg und Terrormaßnahmen gegen die dortige Zivilbevölkerung führt, sollte eine_n das aufhorchen lassen - auch und gerade im Nachbarland Österreich.


  Kommentar zum Artikel von secarts:
Sonntag, 04.07.2010 - 12:50

Dass wir hier nicht die einzigen Politirren sind, die die WM nicht zuletzt als grosses, gelungenes Ablenkungsmanöver sehen, illustriert heute mal wieder SPIEGEL Online, Einpeitscher der Nation für all diejenigen, denen BILD zu schmuddelig ist, die aber dennoch auf derselben Wellenlänge surfen:

"Deutschland nach dem 4:0
Kein schöner Schland


Ob Wulff-Wahl oder Gesundheitsreform, ob Merkel-Krise oder Angst um den Euro - alle Misere ist vergessen. Die Kicker von Jogi Löw haben das Land verzaubert und die schwarz-gelbe Koalition gerettet. Jetzt sind wir alle eine große Fan-Familie (...)
Deutschland fühlt sich nach dem Argentinienspiel ziemlich bunt an. Was für eine schöne Zeit in einem glücklichen Land."


Den ganzen unsäglichen Artikel gibt es hier: Link ...jetzt anmelden!

Und nein, natürlich ist das alles keine Politik, nie gewesen, nur Sport. Wie das immer so war. Bei Olympia 1936, beim "Wunder von Bern", bei der WM 1990.

Use your brains!
Beste Grüße,
secarts.



  Kommentar zum Artikel von paulina:
Sonntag, 04.07.2010 - 07:59

mir drängt sich ja unwillkürlich immer der gedanke auf, daß diese grölenden deppen was ganz anderes "in der hand" haben als ihr "herz", wenn sie an deutschland denken... igitt...


 E Kommentar zum Artikel von Erika:
Sonntag, 04.07.2010 - 01:20

Und zum Ausgleich hier noch ein schönes Bildchen ...


  Kommentar zum Artikel von noname:
Sonntag, 04.07.2010 - 01:07

Äh, um Fusseck geht´s, oder? Alter Falter, wie kann man denn so unentspannt sein, dass man an einem mehr oder weniger sonnigen Samstag gleich politische Traktate zu einem Fussballspiel, über dessen Ergebnis sich ja nu eine nicht unbeträchtliche Menge freut, verfasst (die Ironie, dass ich das hier gerade selber tue ist mir bewusst, danke!).
Also, Prost und gute Nacht!


 E Kommentar zum Artikel von Erika:
Sonntag, 04.07.2010 - 01:03

Ich hoffe mal, das schreckliche Bild kommt jetzt ...
Aber weiter schreiben werde ich heute nacht nicht mehr. Es ist stiller geworden, und ich hoffe die Patrioten schlafen jetzt ihren Rausch aus oder sind an Alkoholvergiftung gestorben.


 E Kommentar zum Artikel von Erika:
Sonntag, 04.07.2010 - 00:52

Wenn in Österreich Fußball nur Fußball ist, dann muss das ja ein wunderbar friedliches Land sein. Falls ich mal aufgrund der Zustände hier ein Zufluchtsland brauche, werde ich trotzdem nicht Österreich wählen. Denn die Geschichte lehrt, dass einem der deutsche Imperialismus nach Österreich ziemlich schnell hinterherkommen kann. Und was das heißt, haben die Bürger der DDR nun schon seit 20 Jahren erlebt - allerdings mit dem grauenhaften Zusatz, dass nicht nur sozialistische Errungenschaften zerstört, sondern sogar der Antifaschismus der DDR als Verbrechen behandelt wird.
In den siebziger Jahren gab es mal eine WM, bei der es bei einem Spiel in der offiziellen westdeutschen Sprache "Deutschland gegen DDR" hieß. (Jetzt hat hier vor meinem Haus der Ballermann-Pöbel schon wieder so rumgeknallt, dass ich wohl demnächst zum Ohrenarzt gehen muss. Hoffentlich zünden die mir nicht noch heute nacht das Haus an.Diese Patrioten können nur vermittels Knallen, Tröten und lautes Rülpsen kommunizieren.) Also, zurück zum Thema: Deutschland gegen DDR. Das hört sich ja erstmal nur schwer psychopathisch an, war und ist aber bewusste Kampftaktik des deutschen Imperialismus. Ja, das ist sie immer noch, weil es ihre Kriegspläne stört, dass die DDR immer noch, obwohl sie doch schon 20 Jahre tot sein sollte, irgendwelche antifaschistischen oder demokratischen Zuckungen macht.
Ich kenne DDR-Bürger - und habe während dieser WM auch wieder neue kennengelernt - ganz verschiedener Auffassung, vom früheren SED-Funktionär bis zu eigentlich ziemlich "unpolitischen" Menschen, die sich bei einer Fußball-WM immer nur eins wünschen - dass die BRD-Mannschaft verliert, und möglichst schon nach der Vorrunde nach Hause fahren muss. Wir hoffen ja, lieber dan, dass wir gemeinsam verhindert können, dass Österreich auch wieder politisch unter die deutsche Fuchtel kommt. Aber falls das passiert, wirst du ja ganz bestimmt nicht bei einer Fußball-WM "Deutschland, Deutschland" brüllen ...
So jetzt mach ich erst Mal eine Pause. Zu dem schrecklichen Bild, das ich mit geschickt habe, schreibe ich gleich noch was.


  Kommentar zum Artikel von Lars:
Samstag, 03.07.2010 - 23:10

Lieber Dan,
ich weiß nicht, wo Du gelesen hast, dass Du gegen die deutsche Fußbballmannschaft "sein sollst". Die Frage am Ende des Artikels richtet sich an "Revolutionäre in DEutschland", nicht an alle Revolutionäre in der Welt. Ich würde es zwar aus meiner Sicht gerade auch den Revolutionären in Österreich dringenst empfehlen, diese Entwicklung in Deutschland äußerst vorsichtig zu betrachten, aber letztlich könnt ihr dies nur selbst wissen und entscheiden.
Ich verfolge Fußball-Weltmeisterschaften bewusst seit ziemlich genau 1978 (genau, da war etwas: Cordoba, Österreich siegt im letzten Spiel 3:2 gegen seinen unheimlichen Nachbarn Deutschland, damals noch gelegentlich BRD genannt). Das Spiel war unwichtig wie selten (fußballtechnisch). Im Ergebnis sind beide Mannschaften in einem Flugzeug nach dem Spiel heimgefahren. Hätte es das 3.Tor nicht gegen, die BRD wäre im Spiel um Platz 3 gewesen. In der Hinsicht waren die Deutschen vermutlich froh über die Überlaubsverlängerung. Aber: Jedes Kind in Österreich weiß bis heute, was "Cordoba" war! Es ging damals auch nicht um Fußball, sondern um politische und historische Abläufe und Tatsachen. Der Unterschied zu heute war, dass die Österreicher dies in einem fortschrittlichen Sinne politisiert haben, Sieg über den übermächtigen Nachbarn, Emanzipation von der historischen (und letztlich latent immer wieder drohenden) Einverleibung! Das war der Unterschied zu heute.
Gerade singen unter meinem Fester wieder ein paar Deppen. Es geht dabei eben nicht um Fußball! Diese millionenfachen schwarz-rot-gold Devotunalien, die mir seit dem ersten Spiel entgegenschlagen sind ziemlich genau 1990 aufgekommen, das ist kein Zeufall gewesen. Sie können heute immer schneller und umfangreicher mobilisiert werden. Fußballtechnisch sind die allermeisten der Leute völlig uninteressiert und auch unkundig. Wenn man Ihnen zum Beispiel sagt, dass man als Fußballfan zum Beispiel für England oder Argentinien ist, weil die vielleicht gut spielen (oder was auch immer, gegen die deutsche Mannschaft haben sie dies diesmal ja nicht getan), dann hat man ungefähr drei Möglichkeiten:
- Im positiven Fall wird man angeschaut wie ein UFO
- Wer mag, kann es als neutral betrachten, wenn ihm erwidert wird, ob der Jude sei
- Meistens aber wird man besser die Beine in die Hand nehmen, weil schon jeder, der nicht mitjubelt als Feind angesehen wird, dem es auf die Glocke gehört.
So derzeit die Lage in Deutschland. Mit den wenigen, echten Fußballfans kann man durchaus über die Spiele sprechen und da ist frei von der eigentlich nicht abtrennbaren Politik ohne Wenn und Aber festzustellen: Diese deutsche Mannschaft hat bisher absolut optimal gespielt und höchst erfolreich agiert, vorallem gekontert. Insofern waren die Siege gegen Englang und Argentinien fußballerisch völlig eindeutig, aber politisch dennoch fatal. Die politische Niederlage aller nicht-Nationalisten ist heute erfolgt, egal, wie weit das noch geht. Die deutsche Truppe macht auf jeden Fall noch zwei Spiele und die werden zelebriert, auch wenn zum Beispiel Holland noch nicht verloren ist. Politisch macht das jetzt keinen Unterschied mehr. Die im Zweifel für andere Zwecke mobilisierbare Masse ist wieder mal trainiert, auch wenn die Mehrheit ziemlich empört wäre, wenn man sie als Nationalisten bezeichnen würde. Sie sind auch derzeit keine überzeugten Nationalisten, aber sie erfüllen dennoch die entsprechende Funkton. Man kann hier gerade lernen: Der Marsch der Reaktion braucht nicht sehr viele Überzeugte, es dürfen alle mitgehen!
Meine Hoffnung trotz allem bleibt, dass es uns späterstens gegen Mitternacht am Mittwoch etwas besser gehen wird, weil der Rekord-Vize-Weltmeister gestoppt ist! No paseran!


  Kommentar zum Artikel von Einbert Allstein:
Samstag, 03.07.2010 - 21:04

Antinationale? Wie kommste denn darauf?

Antinationale sind-waren gegen Maradona und Argentinien, weil Chavez-Freund, weil Fidel-Freund, weil Antiimperialist. Willste mal lesen, was Antinationale so schreiben... Hier: Link ...jetzt anmelden!

Seit wann ist es denn antinational, vom Klassenstandpunkt aus auf die verrückte Situation, daß gerade Zigtausende gegen ihre ureigensten Interessen auf die Straße mobilisiert werden, hinzuweisen? (Stichwort: antisoziale Sparpakete, die GERADE während WMs gerne durchgesetzt werden)
Und DAS soll KEINE Politik sein? War Marx auch "Antinationaler", weil er ins Manifest schrieb, daß die Arbeiter kein Vaterland haben!?

"Fremdschämen", in diesem Fall an obige Adresse, muss ich mich für so einen Unfug.


• gehe zu Seite: 123